Beim TSV Wattenbek ist Offensive Trumpf

Die Zwischenbilanz beim Tabellensiebten wird vom Trainerrauswurf kurz vor Weihnachten getrübt.

Machte beim TSV Wattenbek wohl den größten Sprung nach vorn: Maxie Bech, die in dieser Szene Svenja Pahl (links) und Lena Schulz (HSG Jörl/Doppeleiche Viöl) das Nachsehen gibt. Jörg Lühn.

Wattenbek. Im beschaulichen Dorf Wattenbek krachte es vor Weihnachten gewaltig. Der Obmann des ortsansässigen Frauenhandball-Drittligisten, Ernst-Werner Jappe, spielte mit den Muskeln und zerstörte eine heile Mannschaft und die Handballwelt von Trainer Andreas Juhra. Dem beim TSV Wattenbek zum Chef beförderten ehemaligen Co-Trainer Tim Bracklow obliegt nun die Reparaturarbeit.

 

An diesem Wochenende wird die Saison in der 3. Liga Nord fortgesetzt, Wattenbek allerdings genießt noch weitere zwei Wochen Pause. Die Serie der „Peitschen“ geht erst am Sonnabend, 25. Januar (16.45 Uhr), beim Landesrivalen HSG Jörl/Doppeleiche Viöl weiter. Der Courier blickt heute auf die bisherige Spielzeit des Tabellensiebten zurück.

 

Die Lage

Erstmals in der Vereinsgeschichte wurde einem Trainer vor Ablauf der Saison der Stuhl vor die Tür gestellt. Der TSV Wattenbek liegt mit sechs Punkten Vorsprung vor dem möglichen Abstiegsplatz 10 auf Rang 7 im gesicherten Mittelfeld.

Für einen Keulenschlag dieser Art gab es eigentlich keinen Anlass. Ein wirklicher Grund bietet nur die Spekulation auf einen freiwilligen Rückzug des Clubs zum Saisonende, und dafür war der leistungssportorientierte Juhra nicht zu haben. Dessen Ziel war mittelfristig die 2. Bundesliga.

 

Die Stärken

Die Offensive ist ein Trumpf. In sechs von elf Spielen wurden mehr als 30 Tore geworfen. Nur zwei dieser Partien (Buxtehuder SV II und SC Alstertal-Langenhorn) wurden verloren. Maxie Bech machte wohl den größten Sprung nach vorn und steht bereits im Notizbuch von Dirk Leun, dem Bundesligatrainer des Buxtehuder SV.

Rieka Thal indes, die vom Oberligisten HSG Holstein/Kronshagen zu den „Peitschen“ kam, entwickelte sich dank ihrer Abwehrstärke zu einer beständigen Größe.

 

Die Schwächen

Aktuell scheint sich Wattenbek daheim nicht allzu wohl zu fühlen. Von den fünf Spielen in eigener Halle wurde nur die Partie gegen den Frankfurter HC (37:22) gewonnen.

Alle vier Niederlagen gab es jeweils an einem Sonntag. Das erhöht den Druck, denn alle Mannschaften, die zurzeit hinter Wattenbek liegen, müssen in der Rückrunde noch in der Hans-Brüggemann-Schule in Bordesholm auflaufen. Allerdings kommen nur der VfL Oldenburg II (Rang 9/8. Februar) und der Hannoversche SC (Platz 10/4. April) an einem Sonnabend zu Gastspielen an den Langenheisch. Vier noch ausstehende Heimspiele sind an einem Sonntag terminiert.

„Was ist denn jetzt los?“ Wattenbeks Erfolgstrainer Andreas Juhra wurde kurz vor Weihnachten gefeuert. Dietmar Albrecht.

Die Neuen

Die bereits erwähnte Thal erfüllte ihre Rolle überdurchschnittlich gut. Bei Annika Heinrichsen, Lea Lackner, Beke Ketelhut, Luisa Karau und Jamila Popiol ist noch mehr Potenzial herauszukitzeln. Die SGBB-B-Juniorinnen Gesche Kliese und Antonia Danker haben erste Drittligaluft schnuppern können.

 

Die Sorgen

Die Erfahrung und das Netzwerk von A-Lizenz-Inhaber Juhra werden fehlen. B-Lizenz-Trainer Bracklow, der 2018 nach zehn Niederlagen in Serie den Männer-Oberligisten TuS Esingen verließ, steht unter Druck. An seiner Seite ist außerdem das Trainertalent David Flaig gefordert.

 

Das Umfeld

Die Einmischung von Jappe ins operative Geschäft hat dem Ansehen des Vereins geschadet. Der 70-Jährige hatte immer wieder betont, dass das „Projekt Peitschen“ über allem stehe. Aber Projektarbeit ist nie von langer Dauer.

Dass ein Fördervereinsboss, in dem Eike Rix (2. Vorsitzender), Hermann Deinert (Schriftwart) und Kassenwart Björn Sievers neben dem herrschenden Vorsitzenden Jappe mitarbeiten dürfen, eine Sparte führt, hat andernorts schon viele Clubs den Bach runtergehen lassen.

 

Fazit und Prognose

Den „Peitschen“ steht nicht nur ein schwieriges Halbjahr bevor. Sollte der Klassenerhalt gelingen, stellt sich die Frage nach der künftigen Ausrichtung. Die Mannschaft wird spätestens zum Saisonende auseinander brechen. Der Krug dagegen ist bereits im Dezember vergangenen Jahres zerbrochen.

Quelle: Holsteinischer Courier, 10.01.2020 von Jörg Lühn